„Unsere Überzeugungen beruhen außerhalb der beiden Höhengebiete unserer Kultur [Vierkandt bezieht sich hier auf Wissenschaft und Wirtschaft] durchweg nicht auf kritischer Abwägung, nicht auf besonnener Prüfung des Für und Wider, sondern auf dem bloßen Impuls, der seinerseits auf ererbtes Denken, auf Gewohnheiten, plumpe Analogien, auf den Einfluß drastischer Anschauungen und auf Einwirkungen unserer Zu- und Abneigungen hinweist. Man erwäge z.B. die Art, wie öffentliche Meinungen entstehen; welche Rolle Gerüchte, Vorurteile und Parteileidenschaft dabei spielen. Überall gilt bei uns noch hier wie im privaten Leben der Satz, daß der beredste Anwalt nicht die Vernunft, sondern der Appel an die Leidenschaft ist.“
[Alfred Vierkandt in „Die Stetigkeit im Kulturwandel“, 1908]
vierkandt spricht im vorhergehenden abschnitt davon, dass menschen, die beruflich z.b. wissenschaftlich arbeiten und sich dadurch selbst verpflichtet haben, ihre überzeugungen nach rationalen überlegungen zu wählen, im privaten durchaus völlig irrational entscheiden können ohne dass sie das selbst bemerken.